Zu Gast bei Freudenberg: Familienkonzern wird 175

Produkte wie das Fensterreinigungstuch Vileda oder den berühmten Dichtring Simmerring sind aus unserem Alltag kaum wegzudenken. Doch nur wenige wissen, wer hinter diesen Produkten steht – und dass dieses Unternehmen in unserer Region seine Heimat hat. Umso mehr haben wir uns gefreut, zum 175. Geburtstag der Weinheimer Freudenberg-Gruppe eingeladen zu werden und einen Blick hinter die Kulissen dieses Hidden Champion zu werfen, der sich längst zu einem bedeutenden Global Player entwickelt hat.

Dr. Michael Horchler, Historiker und Leiter des Firmenarchivs, kennt alle Einzelheiten der Freudenberg-Geschichte und erzählt gerne auch die ein oder andere lustige Episode. So war es nicht die renommierte Forschungsabteilung, denen die Weinheimer ihre erfolgreiche Marke Vileda verdanken, sondern die Reinigungskräfte des Unternehmens, die vor dem Hintergrund fehlender Putzmittel nach dem Krieg erkannt hatten, dass Vliesstoffreste aus der Produktion perfekt für ihre Zwecke geeignet waren. Freudenberg machte sich diese Erkenntnis zunutze – und eines der heute wichtigsten Produkte von Freudenberg war geboren. Und Horchler löste bei seiner Führung der Clubmitglieder durch die Jubiläums-Ausstellung auch ein weiteres Rätsel auf: den Ursprung des Namens Vileda, der daran erinnert, dass sich das Material „Wie Leder“ anfühlt.

Mit Leder begann auch die Geschichte der Freudenberg-Gruppe. 1849 gründete Carl Johann Freudenberg mit seinem Partner eine kleine Lederfabrik, aus der sich einer der größten Lederhersteller Europas entwickelte. Seit 2002 gehört Leder allerdings nicht mehr zum Portfolio der Gruppe. Freudenberg verdient seinen Umsatz von knapp 12 Milliarden Euro heute mit einem breiten und äußerst vielfältigen Sortiment. Am bekanntesten sind neben den Haushaltsartikeln Dichtungen wie die Simmerringe, von denen Freudenberg alleine rund 200 Millionen im Jahr verkauft, Vliesstoffe, die unter anderem in Autos zum Einsatz kommen und für die Freudenberg täglich 7 Millionen PET-Flaschen verwertet, oder Katheter und medizinische Schläuche für die Medizintechnik. Und Freudenberg bleibt innovativ. Nach Unternehmensangaben sind fast ein Drittel der Produkte jünger als vier Jahre. So wurde mit dem Thema Brennstoffzelle ein neues Geschäftsfeld erschlossen. Ein erstes Brennstoffzellensystem wurde auf dem Kreuzfahrtschiff Silver nova installiert. 52.000 Menschen aus 146 Nationen arbeiten derzeit für Freudenberg in 60 Ländern, davon 4.000 allein in der Weinheimer Zentrale – und die Zahl der Gesellschafter, die Nachfahren des Gründers, ist inzwischen auf über 370 angewachsen. Ein entsprechend großes Event ist die alljährliche Gesellschafterversammlung.  

Die Mitglieder des CdKW hätten Dr. Michael Horchler während seiner Führung durch die Unternehmensausstellung gerne noch sehr viel länger gelauscht. Doch der nächste Termin war schon fest gebucht. Nach rund einer Stunde ging es in den Hermannshof, das Stammhaus der Freudenberg-Gruppe, das Hermann-Ernst Freudenberg, einer der Söhne des Firmengründers, 1888 erwarb, als Wohnhaus nutzte und das heute als Location u. a. für Besprechungen und Konferenzen dient. Leider war es zu spät und zu dunkel, um den Schau- und Sichtungsgarten rund um die Villa zu besuchen, den das Magazin Geo zu den zwölf schönsten Gärten der Welt gekürt hat und der allen Besucherinnen und Besuchern offensteht. Doch in den Terminkalendern zahlreicher Mitglieder ist der Besuch des Parks nun fest notiert. In den traditionsreichen Räumlichkeiten hieß uns Dr. Mohsen Sohi, CEO von Freudenberg, willkommen, und berichtete über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens, das er seit 2012 führt – mit großem Erfolg. In den letzten zehn Jahren haben sich Umsatz und Betriebsergebnis etwa verdoppelt. Beim gemeinsamen Abendessen mit Dr. Sohi und weiteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Unternehmens konnte man sich besser kennenlernen – und sein Wissen über den geschichtsträchtigen Konzern erweitern, der nun zumindest für die Mitglieder des CdKW kein „Hidden Champion“ mehr ist.  

 

Familie Carl Johann Freudenberg 1857 (Bild: Freudenberg)